Helfen Sketchnotes wirklich beim Lernen?

Helfen Sketchnotes wirklich beim Lernen?

Glauben wir den sozialen Medien, ist das Einbinden von Sketchnotes fast schon ein Garant für einen erfolgreichen Lernprozess. Gleichzeitig müssen Schüler:innen damit rechnen, dass sie ermahnt werden, wenn sie während des Unterrichts in ihre Hefte oder Blöcke zeichnen. Denn trotz moderner Pädagogik werten einige Lehrer das vermeintliche Kritzeln als Unaufmerksamkeit und Tagträumerei.

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Helfen Sketchnotes wirklich beim Lernen

Allmählich finden Sketchnotes zwar einen offiziellen Weg in die Klassenzimmer.

Nur: Helfen Sketchnotes wirklich beim Lernen? Sind sie tatsächlich ein hilfreiches Instrument oder lenkt das Zeichnen eher ab? Und sind Sketchnotes auch ohne ausgeprägtes Zeichentalent überhaupt alltagstauglich?:

Was Sketchnotes sind

Die Schulzeit und später auch die Ausbildung und das Studium sind dadurch geprägt, dass wir Unmengen an verschiedensten Inhalten erfassen müssen.

Wir müssen Informationen aus unterschiedlichen Bereichen bearbeiten, sortieren, wiederholen, im Gehirn speichern und immer wieder mit neuen, zusätzlichen Sachverhalten verknüpfen.

Die Suche nach einer effektiven Lernmethode ist deshalb ein großes Thema.

Ein Weg, auf den viele schwören, ist dabei das Lernen mit Sketchnotes. Der Begriff Sketchnotes setzt sich aus den englischen Wörtern für Skizze und Notiz zusammen. Es geht also darum, Inhalte mit Bildern, Symbolen oder Diagrammen zu erfassen.

Ein komplexes Thema wird durch einfache Zeichnungen und einzelne Stichwörter visuell dargestellt.

Statt nur zuzuhören und zu lesen oder mitzuschreiben, filtern wir die wichtigsten Informationen heraus, strukturieren sie und bilden sie in kleinen Skizzen, Symbolen und Stichwörtern ab.

Dabei geht es nicht um den künstlerischen Ausdruck. Das Ziel ist nicht, ansprechende Kunstwerke zu kreieren, sondern den Lernstoff für uns zu visualisieren. Denn die grafische Darstellung soll uns dabei helfen, einen abstrakten Inhalt greifbar zu machen.

Der wissenschaftliche Hintergrund

Die Lernmethode stützt sich auf die These, dass unser Gehirn Informationen besser erfassen und abspeichern kann, wenn sie visuell aufgenommen werden. Das Zeichnen aktiviert verschiedene Hirnareale, was dazu führt, dass wir den Lernstoff auf mehreren Ebenen verarbeiten.

Studien haben gezeigt, dass wir uns allein schon dadurch Gehörtes besser merken können, wenn wir beim Zuhören vor uns hin kritzeln. Selbst wenn es sich dabei nur um Linien, Kringel oder Schnörkel handelt, bleibt mehr hängen.

Richtig effektiv wird das Zeichnen aber erst, wenn wir einen Bezug zum Lernstoff herstellen und eben Sketchnotes erstellen.

Weil wir bei dieser Lernform mit dem Zuhören, dem Sehen, dem Schreiben und dem Zeichnen verschiedene Kanäle einsetzen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Inhalte hängen bleiben.

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Denn beim Zeichnen von Sketchnotes müssen wir die neu gelernten Inhalte reflektieren, aufbereiten und mit Vorwissen verbinden, um sie überhaupt auf das Wesentliche herunterbrechen zu können.

Gleichzeitig gestalten wir die Sachverhalte durch die Skizzen selbst und nehmen sie so nicht nur passiv wahr, sondern lernen sie aktiv.

Neu sind diese Erkenntnisse nicht. Bereits Anfang der 1970er-Jahre bestätigte zum Beispiel die „duale Kodierungstheorie“ von Allan Paivio, dass wir uns Daten aus Text und Bildern besser merken können als reine Textinformationen.

Neben anderen Untersuchungen ergab auch die Studie „The Surprisingly Powerful Influence of Drawing on Memory“ (Der überraschend starke Einfluss des Zeichnens aufs Gedächtnis), dass das Gedächtnis durchs Zeichnen deutlich unterstützt wird.

Helfen Sketchnotes wirklich beim Lernen (1)

Die Grenzen der Sketchnotes

Vor allem beim Durchdringen und Darstellen des Lernstoffs kann sich das Lernen mit Sketchnotes als hilfreich erweisen. Aber die Lernmethode hat auch ihre Grenzen.

So lassen sich zum Beispiel sehr lange Texte oder Sachverhalte, bei denen es wie zum Beispiel bei Definitionen oder Formeln auf jedes Wort ankommt, kaum in nur einer Skizze unterbringen.

Auch die Tiefe von komplexen Themen lässt sich nur bedingt vollständig visualisieren. Aus diesem Grund eignen sich Sketchnotes längst nicht für alle Themen und Zusammenhänge.

Dazu kommt, dass es vor allem anfangs viel Zeit in Anspruch nehmen kann, Sketchnotes zu zeichnen.

Mit etwas Übung geht es zwar zunehmend schneller und für wiederkehrende Begriffe entwickelt sich oft eine Art Bibliothek mit festen Symbolen, auf die wir regelmäßig zurückgreifen.

Trotzdem dauert es eben, bis eine Skizze fertig ist. Andererseits sparen wir Zeit, wenn wir uns beim Wiederholen des Stoffs nur die Grafik anschauen und nicht einen ganzen, langen Text lesen müssen.

Kein Zeichentalent notwendig

Während Kinder ganz unbeschwert zeichnen, geht diese Fähigkeit mit zunehmendem Alter oft verloren. Viele wagen sich deshalb nicht an das Lernen mit Sketchnotes heran, weil sie befürchten, nicht gut genug zeichnen zu können.

Diese Sorge wird noch dadurch verstärkt, dass wir in den sozialen Medien Lernunterlagen mit Skizzen und Zeichnungen sehen, die so toll aussehen, dass sie von professionellen Künstlern stammen und in Büchern abgedruckt sein könnten.

Doch solche Bedenken sind unbegründet. Denn bei Sketchnotes zählt das Lernen durchs Zeichnen, also die Auseinandersetzung mit dem Lernstoff, und nicht das Ergebnis.

Das Ziel ist, visuell zu denken und die wesentlichen Inhalte mit simplen Zeichnungen und grafischen Elementen, ergänzt um ein paar Stichwörter, festzuhalten. Detailreiche Illustrationen sind nicht notwendig.

Wichtig hingegen ist die Fähigkeit, genau zuzuhören oder hinzuschauen. Denn für Sketchnotes müssen wir lernen, das Wesentliche aus einer Vielzahl von Informationen herauszufiltern und Prioritäten zu setzen. Diese Eigenschaft kommt uns in vielen Bereichen zugute.

Insgesamt können uns Sketchnotes beim Lernen unterstützen, weil sie dabei helfen, Sachverhalte zu durchschauen, zu erfassen und zu strukturieren.

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Je komplexer Inhalte sind und je mehr es auf Präzision ankommt, desto eher stoßen Sketchnotes aber an ihre Grenzen. Deshalb können die Skizzen eine gute Ergänzung zu anderen Lerntechniken sein. Als alleinige Lernmethode eignen sie sich jedoch nicht.

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Thorsten Laumann - technischer Zeichner, Marie Koschinski, - Grafikdesign, David Naue, -Mediengestalter und privater Comic-Zeichner, Ferya Gülcan, Künstler Koozal Galerie ,Redakteurin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Anleitungen zum Thema Zeichnen, Malerei, Kunst und Print.

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