Perspektivisch Zeichnen – ein ausführlicher Ratgeber, Teil II
Das menschliche Auge nimmt die Umgebung nicht in der Form wahr, wie sie wirklich ist. Stattdessen sieht es sie perspektivisch. Die Folge davon ist unter anderem, dass etwas, was weiter entfernt ist, kleiner erscheint als etwas in der Nähe. Obwohl zwei Bäume, Häuser, Menschen oder andere Objekte gleich groß sind, sehen sie je nach Entfernung also unterschiedlich groß aus.
Für realistische Zeichnungen ist die Perspektive eine wesentliche Grundlage. In einem ausführlichen Ratgeber stellen wir deshalb alles Wichtige zum perspektivischen Zeichnen zusammen.
Dabei ging es in Teil I um die Definition der Perspektive, die Funktionsweise des menschlichen Auges und die Horizontlinie beim perspektivischen Zeichnen.
Hier ist Teil II!:
Inhalt
Die Fluchtlinien und Fluchtpunkte beim perspektivischen Zeichnen
Bei den Fluchtlinien handelt es sich um die Linien, die vom eigenen Auge aus in die Ferne verlaufen. Es sind also die Linien, die von vorne nach hinten zum jeweiligen Fluchtpunkt am Horizont führen.
Einzelne Punkte wiederum laufen auf mehrere Fluchtlinien zu und kreuzen sich in der Wahrnehmung des Auges am Horizont in den Fluchtlinien. Die Schnittpunkte, die dabei entstehen, sind die Fluchtpunkte.
Ein Beispiel:
Angenommen, ein Weg führt weit in die Ferne und verläuft dabei über die gesamte Strecke ganz gerade. Von oben betrachtet, besteht der Weg aus zwei Linien, die parallel nebeneinander angeordnet sind.
Steht der Betrachter aber selbst auf dem Weg und schaut in die Ferne, sieht es so aus, als würden die beiden Linien aufeinander zulaufen. Sie scheinen sich zu verengen und schließlich auf der Horizontlinie aufeinanderzutreffen.
Der Punkt, an dem die beiden Linien zusammenkommen, ist der Fluchtpunkt.
Beim perspektivischen Zeichnen helfen Fluchtpunkte dabei, räumlich zu konstruieren. Sie befinden sich immer auf der Horizontlinie. Je nach Zeichnung kann es aber einen oder mehrere Fluchtpunkte geben.
Aus diesem Grund werden auch bei den Fluchtpunkten mehrere Perspektiven voneinander unterschieden, die der Zeichner dann mit der Vogel-, der Normal- oder der Froschperspektive kombinieren kann.
Die Ein-Punkt-Perspektive
Bei der Ein-Punkt-Perspektive führen alle Fluchtlinien zu einem zentralen Punkt. Deshalb wird die Ein-Punkt-Perspektive auch Fluchtpunktperspektive oder Zentralperspektive genannt.
Wichtig ist, dass der Zeichner die senkrechten und waagerechten Umrisslinien eines Objekts parallel zueinander anordnet.
Die Ein-Punkt-Perspektive wird oft eingesetzt, wenn Räume oder Korridore gezeichnet werden. In der Wirklichkeit nehmen wir die Umgebung oder Gegenstände aber meistens nicht mit nur einem Fluchtpunkt wahr, sondern sehen mehrere Fluchtpunkte.
Die Zwei-Punkt-Perspektive
Wie der Name schon andeutet, gibt es bei der Zwei-Punkt-Perspektive zwei Fluchtpunkte. Beide befinden sich auf der Horizontlinie. Eine andere Bezeichnung für diese Perspektive lautet Eckperspektive.
Das liegt daran, dass die Zwei-Punkt-Perspektive vor allem dann verwendet wird, wenn der Zeichner den Blick des Betrachters auf eine Ecke oder Kante des Objekts lenken will.
Diese Ecke unterteilt die Zeichnung und jede Seite des Objekts verläuft von dieser Ecke aus zu ihrem eigenen Fluchtpunkt. Bei der Außensicht von Gebäuden setzt der Zeichner meistens die Zwei-Punkt-Perspektive ein.
Zwei oder mehr Fluchtpunkte verzerren die Darstellung stark, wenn sie sich zu dicht nebeneinander befinden. Aus diesem Grund sollte der Zeichner immer darauf achten, dass die Abstände zwischen den Fluchtpunkten groß genug sind.
Die Drei-Punkt-Perspektive
Die Drei-Punkt-Perspektive erweitert die Zwei-Punkt-Perspektive. Denn es kommt ein neuer, dritter Fluchtpunkt dazu. Auf diesen dritten Fluchtpunkt laufen alle senkrechten Linien zu.
Dabei kann der dritte Fluchtpunkt entweder über oder unter der Horizontlinie angeordnet sein. Befindet er sich oberhalb der Horizontlinie, entsteht die Froschperspektive. Liegt der dritte Fluchtpunkt unterhalb der Horizontlinie, ergibt sich die Vogelperspektive.
Setzt der Zeichner die Drei-Punkt-Perspektive ein, betont er die Ecke oder Kante des Objekts und verzerrt gleichzeitig die Höhe. Beim Betrachter entsteht dadurch der Eindruck von sowohl Höhe als auch Tiefe.
Die Drei-Punkt-Perspektive wird gerne in Zeichnungen angewendet, die Hochhäuser und andere Architektur abbilden.
Weitere Formen der Perspektive beim Zeichnen
Die Perspektive, die das Prinzip des menschlichen Sehens aufgreift, verleiht einem zweidimensionalen Bild Dreidimensionalität. Als Hilfsmittel beim Zeichnen kommen dafür die Horizontlinie, Fluchtlinien und Fluchtpunkte zum Einsatz.
Je nachdem, wie die Linien und Punkte angeordnet sind, wird zwischen der Normal- der Vogel- und der Froschperspektive sowie zwischen der Ein-, Zwei- und Drei-Punkt-Perspektive unterschieden, die miteinander kombiniert werden können. Dabei zählen diese Formen der Perspektive zur sogenannten linearen Perspektive.
Neben der linearen Perspektive kann der Zeichner aber noch auf weitere Perspektiven zurückgreifen, um in seiner Zeichnung räumliche Tiefe zu erzeugen:
- Luftperspektive: Je weiter ein Objekt entfernt ist, desto verschwommener und blasser wirkt es. Es wird heller und scheint blaustichiger zu werden. In einer Bleistiftzeichnung kann der Zeichner dieses Verblauen umsetzen, indem er die Linien oder Flächen entsprechend dünn, unscharf und hellgrau ausgestaltet.
- Farbperspektive: Je geringer der Abstand ist, desto dunkler und farbintensiver ist ein Objekt. Außerdem treten warme Farben wie Rot stärker in den Vordergrund als kalte Farben wie Blau. Der Zeichner kann den Qualitäts- und den Warm-Kalt-Kontrast darstellen, indem er die Objekte im Vordergrund mit scharfen Konturen zeichnet und Flächen sehr dunkel schattiert.
Die Vorgehensweise beim perspektivischen Zeichnen
Für eine perspektivische Zeichnung positioniert der Zeichner zuerst die Horizontlinie und den Fluchtpunkt. Anschließend zeichnet er Fluchtlinien als Hilfslinien ein.
Dann platziert er an den Fluchtlinien Punkte für die Vorder- und die Hinterkante des Objekts. Verbindet er diese Punkte miteinander, entsteht die Grundfläche.
Um die Vorder- und die Rückseite des Objekts zu konstruieren, zieht der Zeichner von der Grundfläche aus Hilfslinien nach oben. Die Seitenkanten verlaufen dann an den Fluchtlinien entlang zum Fluchtpunkt.
Damit ist eine 3D-Zeichnung entstanden. Eine ausführliche Zeichenübung dazu folgt im dritten und letzten Teil dieses Ratgebers.
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Thema: Perspektivisch Zeichnen – ein ausführlicher Ratgeber, Teil II
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