Grundanleitung fürs Lettering, 2. Teil
Das Lettering ist seit einiger Zeit schwer angesagt. Dabei werden bei dieser modernen Variante der Kalligraphie Buchstaben gezeichnet.
Ob einzelne Buchstaben, Lieblingswörter, Schriftzüge oder ganze Sätze: Am Lettering führt seit einiger Zeit kein Weg vorbei. Die dekorativen Handschriften zieren Grußkarten, hängen als Bilder an der Wand oder schmücken Gegenstände aller Art. Dabei geht es beim Lettering darum, verschiedene Schriften zu Papier zu bringen. Es werden also keine Motive, sondern Buchstaben und Zahlen gezeichnet.
Die Schönschrift als solches ist natürlich nichts Neues. Die Kalligraphie blickt auf eine jahrtausende alte Tradition zurück und das Üben von ordentlich geschriebenen Buchstaben dürfte jeder noch aus seiner Grundschulzeit kennen. Aber das Schönschreiben von Hand erlebt jetzt ein großes Comeback, wenn auch in einer moderneren Form.
Das fängt schon damit an, dass es jetzt eben nicht mehr Schönschrift, sondern Lettering heißt. Außerdem wird mit einem ganz besonderen Stift gearbeitet. Dieser Stift nennt sich Brushpen und ist ein Pinselstift mit einer weichen und flexiblen Spitze aus feinen Härchen.
In einem zweiteiligen Beitrag sehen wir uns das Lettering mal etwas genauer an. Dabei ging es im 1. Teil um die Materialien, die benötigt werden.
Jetzt, im 2. Teil, folgt eine Art Grundanleitung fürs Lettering:
Inhalt
Die wichtigste Regel beim Lettering
Beim Lettering gibt es kein Richtig oder Falsch. Der Zeichner kann und soll sich kreativ austoben und seine eigenen Schriften individuell entwickeln. Allerdings gibt es eine Regel, die eingehalten werden muss: Aufstriche werden dünn gezeichnet, Abstriche hingegen dick. Dadurch entsteht der gewünschte Kalligrafie-Effekt.
- Aufstriche werden auch upstrokes Gemeint sind damit die Teile eines Buchstabens, bei dem der Stift beim Zeichnen nach oben geführt wird. Bei diesen Strichen gleitet der Stift mit möglichst wenig Druck über das Papier. Je weniger Druck auf die pinselartige Stiftspitze ausgeübt wird, desto dünner wird die Linie.
- Abstriche heißen auch downstrokes. Bei den Abstrichen handelt es sich um die Buchstabenteile, die gezeichnet werden, indem der Stift nach unten gezogen wird. Diese Striche werden dick gezeichnet. Dafür wird die Stiftspitze mit Druck über das Papier geführt. Dadurch entsteht eine breitere Linie.
Das ist eigentlich auch schon das ganze Geheimnis. Denn beim Lettering gibt es nur diese einzige Regel, die der Zeichner berücksichtigen muss. Allerdings klingt das im ersten Moment etwas leichter als es ist. Denn es erfordert Übung, bis der Zeichner automatisch zwischen Auf- und Abstrichen unterscheiden kann. Am Anfang wird er noch darüber nachdenken müssen, wie viel Druck er auf die Stiftspitze ausüben muss.
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Schritt beim Lettering: Linien üben
Liegt das Werkzeug bereit, kann es losgehen. Und dabei ist es ratsam, erst einmal mit einfachen Strichen zu beginnen. Wenn sich der Zeichner gleich einen ganzen Schriftzug vornimmt, wird er mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Denn das Lettering erfordert Übung. Besser ist deshalb, wenn sich der Zeichner mit dem Pinselstift und der grundlegenden Technik vertraut macht. Dazu sollte er zunächst Linien nebeneinander zeichnen. Die Linien können exakt gerade, schrägt oder mit einem leichten Schwung verlaufen. Bei dieser Gelegenheit kann der Zeichner dann auch gleich die Auf- und die Abstriche üben.
Als nächstes kann der Zeichner damit beginnen, die einzelnen Striche miteinander zu verbinden. Das Ziel dabei ist, einen weichen, fließenden Übergang zwischen den dünnen und den dicken Linien zu erzeugen. Nach und nach gewöhnt sich die Hand an die Bewegungen und es wird immer einfacher, die Striche zu zeichnen.
Übrigens: Ein paar einfache Striche auf einem Schmierblatt sind eine gute Aufwärmübung, auch wenn der Zeichner schon etwas geübter im Lettering ist.
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Schritt beim Lettering: Buchstaben und Wörter zeichnen
Im nächsten Schritt kann der Zeichner damit beginnen, ganze Buchstaben zu zeichnen. Statt die Linien einzeln zu ziehen und anschließend zu verbinden, kann er also versuchen, die jeweiligen Buchstaben in einem Rutsch durchzuzeichnen. Klappt das gut und ist der Zeichner mit seinen Ergebnissen zufrieden, kann er dazu übergehen, ganze Wörter und später auch komplette Sätze zu zeichnen. So entstehen dann nach und nach auch die ersten Kunstwerke.
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Schritt beim Lettering: Schriften lernen
Hat der Zeichner seine ersten Zeichnungen fertig, wird es darum gehen, das Repertoire zu erweitern. Das Lernen von verschiedenen Schriftarten erinnert zwar ein bisschen ans Vokabellernen. Aber ein Buchstabe kann nun einmal in unzähligen Varianten geschrieben werden und genau diese Vielfalt ist das, was das Lettering ausmacht.
Später kann der Zeichner dann mit den Schriften spielen. So kann er in einer Zeichnung beispielsweise eine geschwungene Schreibschrift mit einer verschnörkelten Schmuckschrift und einer sehr klaren, geradlinigen Druckschrift kombinieren. Oder der Zeichner zeichnet die Buchstaben mal kursiv, zieht sie mal in die Höhe und rückt sie mal weiter auseinander. Selbst wenn der Zeichner immer nur das gleiche Wort schreibt, wird er erstaunt sein, wie unterschiedlich dieses Wort wirkt. Außerdem kann sich der Zeichner natürlich auch eine ganz eigene Schrift ausdenken.
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Schritt beim Lettering: die Zeichnungen ausarbeiten
Ein fertiges Lettering kann der Zeichner weiter ausarbeiten. So kann er beispielsweise Ornamente, Blätter, Schnörkel oder bildliche Motive zu der Schrift hinzufügen. Daneben kann der Zeichner mit einem weißen oder einem metallischen Gelstift Lichtreflexe auf die Buchstaben setzen. Oder er kann Schatten einzeichnen. Auch ein Hintergrund, der mit Aquarellfarben bunt angelegt ist, kann ein einfaches Lettering in ein tolles Kunstwerk verwandeln.
2 Tipps zum Schluss
Wenn sich der Zeichner Arbeiten von erfahrenen Künstlern anschaut, wird er beeindruckt sein, wie sauber, gleichmäßig und gerade die Buchstaben und Schriftzüge auf dem Papier verlaufen. Diese scheinbar millimetergenaue Ausrichtung ist aber oft das Ergebnis von kleinen Tricks und Kniffen. Und diese sind natürlich erlaubt!
Dafür kann sich der Zeichner mittels Lineal und Bleistift feine Hilfslinien auf sein weißes Papier aufzeichnen. Dadurch weiß er, wo er seine Buchstaben platzieren muss und auch wie weit nach oben oder unten sie reichen sollten. Ist alles fertig, radiert der Zeichner seine Hilfslinien einfach wieder weg.
Der zweite Tipp kann hilfreich sein, wenn der Zeichner mit dem Brushpen nicht zurechtkommt oder diesen Stift nicht verwenden will. Den Kalligraphie-Effekt kann er nämlich mit jedem beliebigen Stift imitieren. Dazu zeichnet er sein Wort oder seinen Schriftzug zunächst ganz normal auf das Papier. Anschließend fügt er bei jedem Buchstabenteil, den der Zeichner in einer Abwärtsbewegung gezeichnet hat, eine zweite Linie neben der Buchstabenlinie ein.
Zum Schluss füllt er die entstandenen Leerräume zwischen den beiden Linien aus. Damit hat er die dickeren Abstriche imitiert. Diese Technik wird auch als falsche Kalligraphie bezeichnet. Falsch deshalb, weil der Zeichner den Effekt nicht beim Zeichnen erzielt, sondern erst im Nachhinein gestaltet und die verschiedenen Strichstärken nur imitiert. Tatsächlich zählt am Ende aber ohnehin nur das Ergebnis.
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Thema: Grundanleitung fürs Lettering, 2. Teil
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