Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche

Neben dem Motiv gibt es im Wesentlichen zwei Faktoren, die über den Charakter einer Zeichnung oder Skizze bestimmen. Der eine Faktor ist die angewandte Zeichentechnik, der andere Faktor das verwendete Zeichengerät. Sehr viele denken im ersten Moment an den Bleistift, wenn von Zeichengeräten die Rede ist, aber für Zeichnungen und Skizzen kommen durchaus eine ganze Reihe anderer Zeichengeräte in Frage.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche

Zu diesen Zeichengeräten gehören wiederum unter anderem Kohle und Tusche.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle

Kohle ermöglicht sehr ausdrucksstarke Zeichnungen und mit kaum einer anderen Zeichentechnik sind so einfach Verläufe umzusetzen. Die Kohlezeichnung ist mit der Pastellmalerei vergleichbar und eignet sich hervorragend, um Portraits, Akte und Landschaften zu skizzieren und zu zeichnen.

Künstler arbeiten aber gerne auch für Vorzeichnungen auf Leinwänden mit Kohle. Beim Zeichnen mit Kohle wird in erster Linie mit der Wischtechnik gearbeitet.

Diese ergibt sich allerdings mehr oder weniger automatisch, denn der Pigmentstaub liegt nur locker auf dem Papier auf.

Um die Kohlezeichnung zu verwischen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die am weitesten verbreitete und zugleich auch einfachste Möglichkeit besteht darin, den Kohlestaub mit dem Finger zu verwischen.

Bei kleineren Details hingegen bieten sich Papierwischer an, die auch als Estompen oder Tortillions bezeichnet werden. Aber auch Wattestäbchen und Wattepads, Pinsel oder Leder- und Stoffstücke eignen sich hervorragend als Hilfsmittel für das Verwischen.

Um große Flächen zu gestalten, können diese mit der breiten Seite der Zeichenkohle schraffiert und anschließend zu einer geschlossenen Farbfläche verwischt werden.

Wichtig ist allerdings, auf ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen weich gewischten und scharf gezeichneten Bildelementen zu achten, denn andernfalls verliert die Kohlezeichnung an Wirkung.

Um zu verhindern, dass bestimmte Bildelemente beim Zeichnen versehentlich verwischt werden, ist übrigens hilfreich, die Zeichnung mit einem Blatt Papier abzudecken.

Dadurch liegt die Hand dann auf dem Papier auf und die Zeichnung darunter ist geschützt.

Um Korrekturen vorzunehmen oder auch um interessante Akzente zu setzen, kann mit dem Radiergummi gearbeitet werden. Bildstellen, die nachträglich mit dem Radiergummi bearbeitet wurden, lassen die gesamte Zeichnung vielfach ruhiger wirken.

Muster lassen sich sehr gut mittels Radiergummi und Schablonen gestalten. Hierfür wird die jeweilige Schablone auf die Zeichnung aufgelegt und die Innenflächen der Schablone werden anschließend radiert.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (6)

Da beim Zeichnen mit Kohle auf zusätzliche Malmittel verzichtet und stattdessen tatsächlich nur mit der Zeichenkohle und Verwischwerkzeugen gearbeitet wird, können auch Anfänger einfach und schnell tolle Ergebnisse erzielen. Um der Zeichnung eine besondere Note zu verleihen, kann die Zeichenkohle mit Contékreide kombiniert werden.

Contékreide ist eine besondere Form der Pastellkreide und nur in wenigen Farbtönen erhältlich. Zu den größten Nachteilen der Kohlezeichnung gehört die geringe Haltbarkeit. Um die Zeichnung oder Skizze zu schützen, sollte daher auf jeden Fall ein Fixativ aufgetragen werden.

Dadurch verklebt der locker aufliegende Pigmentstaub mit dem Untergrund und die Kohlezeichnung wird haltbarer. Um die Kohlezeichnung zu präsentieren, sollte ein Bilderrahmen mit Glasscheibe verwendet werden.

Ein Passepartout unterstreicht dabei die Bildwirkung und wirkt gleichzeitig als Abstandshalter, so dass die Zeichenkohle die Glasscheibe nicht berührt und damit auch keinen Pigmentstaub an sie abgibt.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (1)

Grundwissen zum Zeichnen mit Tusche

Die Tuschezeichnung gehört zu den grafischen Ausdrucksmitteln und hat im Hinblick auf die Bildwirkung durch die klaren Linien, die Hell-Dunkel-Kontraste und die Schraffuren große Ähnlichkeit mit Druckgrafiken wie Radierungen, Stichen oder Lithografien.

Anders als der Bleistift oder die Zeichenkohle hinterlässt Tusche saubere, klare und sehr genaue Linien.

Dabei trocknet Tusche gut und haltbar auf dem Zeichenpapier auf. Ein Verwischen der Tuschezeichnung ist nach dem Trocknen nicht möglich, je nach verwendeter Tusche ist die Zeichnung sogar wasserfest.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  Wie teuer ist die Ausstattung fürs Zeichnen? Teil 2

Mit Tusche können nur Linien und Punkte gezeichnet werden. Um Kontraste und Tonwertverläufe darzustellen, wird mit Schraffuren gearbeitet.

Als Motive für Tuschezeichnungen eignen sich daher in erster Linie solche Motive, die ihre Wirkung durch klare Linien, Punkte und Umrisse entfalten. Mithilfe von Schraffuren können Farbflächen, Tonwertverläufe und Kontraste herausgearbeitet werden, allerdings wirken Tuschezeichnungen mit zu vielen und zu großen schraffierten Flächen schnell zu dunkel.

Alternativ oder als Ergänzung zu Schraffuren können Helligkeitsabstufungen auch mithilfe von Wasser gestaltet werden. Hierfür wird mit Tusche gezeichnet, die zuvor mit etwas Wasser verdünnt wurde.

Wasserlösliche Tusche kann aber auch nach dem Trocknen mit Wasser laviert werden. Beliebt sich außerdem kolorierte Tuschezeichnungen.

Um die fertige Tuschezeichnung farblich auszugestalten, kommen beispielsweise farbige Tusche, Tinte, Copic-Marker oder Blei- und Buntstifte zum Einsatz, bei wasserfester Tusche können Farbakzente auch mithilfe von Aquarellfarben gesetzt werden.

Da bei Tuschezeichnungen Korrekturen nur bedingt möglich sind, ist das Zeichnen mit Tusche insgesamt etwas anspruchsvoller als beispielsweise das Zeichnen mit dem Bleistift.

Ratsam für Anfänger ist daher, die Zeichnung zunächst leicht mit Bleistift zu skizzieren, die Linien anschließend mit Tusche nachzuzeichnen und die noch sichtbaren Bleistiftstriche anschließend vorsichtig wegzuradieren.

Zudem sollten Anfänger bei den ersten Versuchen besser eine Schreibfeder verwenden. Anders als die Zeichenfeder bohrt sich eine Schreibfeder nämlich nicht so leicht in das Zeichenpapier, wenn schwungvolle Linien gezeichnet werden. Als Zeichenpapier wiederum ist glattes Papier am besten geeignet.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (3)

Kohle & Tusche – Material, Technik, Workflow

Papier & Oberflächen – die halbe Miete

Für Kohle funktioniert Papier mit spürbarer Körnung („Tooth“) am besten: z. B. 120–180 g/m² Skizzen- oder Zeichenpapier, gern Tonpapier (Grau, Ocker) für natürliche Mitteltöne.

Für Tusche bewähren sich Bristol-Board (glatt, geschlossen) oder heißgepresstes Aquarellpapier (HP) ab 250 g/m², wenn du Lavuren planst. Glatte Oberflächen = saubere Linien; körnige Oberflächen = lebendige Textur.

Klingt banal – verändert aber den Charakter deiner Linie sofort.

Zeichenkohle – Sorten & hilfreiche Tools

  • Weiden-/Rebkohle (weicher, matt): ideal für breite Tonwerte, schnelle Block-Ins.
  • Presskohle/Compressed Charcoal (dunkler, härter): für satte Tiefen und Kanten.
  • Helfer: Knetradierer (hebt Pigment sanft, formbar für Lichter), Chamoi-/Ledertuch, Papierwischer/Estompe, weicher Staubbürstpinsel.

Tipp: Mit der Seite der Kohle flächig anlegen, mit Presskohle die Akzente setzen. Weißhöhungen mit Conté Weiß oder Pastellkreide auf Tonpapier bringen Portraits zum „Atmen“.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (2)

Fixativ richtig einsetzen – haltbar ohne „Plastikfilm“

Unterscheide Arbeitsfixativ (zwischendurch, leicht) und Schlussfixativ (abschließend, stärker).

So sprühst du sauber: Draußen oder gut belüftet, Maske auf, Zeichnung vertikal, 30–40 cm Abstand, in Kreuzgängen dünn nebeln, kurz ablüften, ggf. wiederholen. Nutze säurefreie Mappen; beim Rahmen Passepartout als Abstandshalter – so berührt die Kohle das Glas nicht.

Tusche-Werkzeuge – Linien-Charakter bewusst wählen

  • Federn: G-Pen (elastisch, dynamische Strichdicke), Mapping/Maru (feinste Details), Breitfeder (Kalligrafie, grafische Schatten).
  • Technische Stifte: Rapidograph/Isograph, Fineliner (konstante Linienstärke, ideal für präzise Hatching-Muster).
  • Pinsel & Brush Pens: organische Linien, Lavuren und Trockenpinsel-Textur.
  • Tuschen: Indische Tusche/Schellack (meist wasserfest), Acryl-Tusche (hoch wasserfest, deckender), Sumi (warmgrau, lavierbar).

Prüfe „waterproof“ vs. „water-soluble“: Erstere sind nach dem Trocknen übermalbar, zweitere lassen sich nachträglich lavieren.

Schraffur-Vokabular – Tonwerte „bauen“ statt „malen“

  • Parallel- & Kreuzschraffur: tonale Dichte über Linienabstand/-winkel.
  • Kontur-Schraffur: Linien entlang der Form – ideal für Volumen.
  • Wellen-/„Basket-Weave“-Schraffur: organische Oberflächen (Haut, Stoff).
  • Stippling (Punktierung): sauberste Tonwertkontrolle, extrem haltbar im Drucklook.

Merke: Weniger Winkelwechsel = ruhige Fläche; mehr Winkel = tiefer Schatten. Übertreibe große, dichte Flächen in Tusche nicht – sonst „säuft“ das Bild optisch ab.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (7)

Mischtechniken – das Beste aus beiden Welten

Arbeite Tusche-Lavur zuerst (hell–mittelgrau), fixiere dünn, Kohle obendrauf für weiche Übergänge. Auf Tonpapier legst du mit Kohle die Schatten, mit Weißkreide/Conté die Lichter – dreiwertiges System (Hell–Mittel–Dunkel) schafft schnell Tiefe.

Für Kanten: Tuschelinie in die Kohle schneiden (harte Kante + weiche Fläche = Spannung).

Workflow – vom Thumbnail zur fertigen Arbeit

  1. Thumbnails (3–5×, 2–3 min): Komposition, Lichtführung, Negativformen.
  2. Value-Plan (5-Stufen-Skala): Ordne Motivteilen feste Tonwerte zu (erschwert „Matsch“).
  3. Block-In: Kohle flächig anlegen, größte Formen zuerst.
  4. Kantenregie: Entscheide bewusst: harte Kante (Fokus) vs. weiche Kante (Atmosphäre).
  5. Finish: Akzentkanten, Highlights (Knetradierer/Weißkonté), ggf. dünnes Schlussfixativ.

Übungen

  • 10×10-Linien: Ziehe 10 Linien exakt parallel; wiederhole 10 Reihen – Rhythmus & Druckkontrolle.
  • Schraffur-Leiter: 10 Felder von 10 % bis 100 % Deckung – gleichmäßig ohne Flecken.
  • Form-Lavuren: Kreis, Würfel, Zylinder je 3 Lavuren – trocknen lassen, Kante prüfen.
  • Negativ-Zeichnen: Helle Objekte auf Tonpapier durch die Schatten definieren – schult Sehen.
Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  5 Tipps zur Ausrüstung fürs Zeichnen

Fehlerbehebung – typische Stolpersteine

  • Kohle fleckig/„matschig“: zu frühes Wischen → erst mehr Material, dann leichter Druck, wische mit der Form.
  • Tusche franst: Papier zu saugend; wechsle auf Bristol/HP oder nutze Sperrschicht (klare Gesso-Lasur dünn).
  • Feder „hakt“: Nib leicht anflämmen/entfetten, Winkel flacher, Zugrichtung prüfen (ziehen, nicht drücken).
  • Papier wellt bei Lavur: höheres Gewicht, Klebeband umlaufend fixieren oder aufspannen.

Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche (5)

Sicherheit, Ergonomie & Pflege

Arbeite staubarm (Handunterlage, fixiere Zwischenstände sehr leicht, nicht über dem Bild niesen). Sprühe Fixativ nur gut belüftet, mit Maske. Halte Handauflagen/Mahlbrett bereit, um Verschmutzen zu vermeiden.

Reinige Federn direkt (lauwarmes Wasser, trocknen), verschließe Tuscheflaschen luftdicht.

Kompaktes Starter-Set (Preisfair & praxistauglich)

  • Kohle: Weidenkohle (weich), Presskohlestifte (mittel/hart), Weißconté.
  • Radieren/Blenden: Knetradierer, Vinylradierer, Papierwischer (2 Stärken), Chamoi.
  • Tusche: wasserfeste Indische Tusche + Sumi für Lavuren.
  • Werkzeuge: Federhalter + G-Pen & Mapping-Nib, Fineliner 0,1/0,3/0,5, Rundpinsel Nr. 2/6.
  • Papier: Zeichenblock 160 g/m² (Tooth) + Bristol A4/A3, Tonpapier grau.
  • Sonstiges: Fixativ (arbeits- &/oder schlussfest), Masking-Tape, weicher Staubpinsel.

Mehr Anleitungen und Tipps zum Malen und Zeichnen: 

Thema: Grundwissen zum Zeichnen mit Kohle und Tusche

-

Übersicht:
Fachartikel
Zeichnen News
Über uns


zeichnen99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Thorsten Laumann - technischer Zeichner, Marie Koschinski, - Grafikdesign, David Naue, -Mediengestalter und privater Comic-Zeichner, Ferya Gülcan, Künstler Koozal Galerie ,Redakteurin und Betreiberin dieser Webseite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Anleitungen zum Thema Zeichnen, Malerei, Kunst und Print.

Kommentar verfassen